Zwischen Festhalten und Loslassen

Zwischen Festhalten und Loslassen

Wir haben uns ziemlich lange nicht mehr gesehen hier.
Das wird jetzt allerdings kein „es tut mir leid, dass so lange nichts mehr von mir kam und das wird sich ab sofort wieder ändern“-Posting.

Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade noch nicht genau, was das hier wird.
Um ehrlich zu sein, weiß ich gerade gar nichts.
Und gleichzeitig ist da so unglaublich viel. So viel, was sich zur Zeit in meinem Kopf abspielt. Sich ständig im Kreis dreht. Als wäre ich einfach dieser eine kleine Hamster im bescheuerten Laufrad.

Was das bedeutet? Es wurde Zeit abzusteigen. Anzuhalten. Durchzuatmen. Und vor allem eines: Ballast abzuwerfen!


Richter und Angeklagter

Ich habe schon oft darüber geschrieben, wie wichtig es ist, Zeit mit sich alleine zu verbringen. Mit sich selbst ins Reine zu kommen oder sich selbst lieben zu lernen. Aber was soll ich sagen? Manchmal, da bin ich es. Die große Töne spucken kann, aber in Selbstzweifel versinkt und härter mit sich ins Gericht geht, als andere es vermutlich jemals könnten.



Samstagabend.

Ich kann nicht runterfahren. Ich sitze einfach nur da. Wenn ich mich von außen betrachten müsste, würde jetzt vermutlich der Begriff „ein Häufchen Elend“ eine ganz neue Bedeutung bekommen. Dass mein Gesicht von dunklen Augenringen überschattet ist, ignoriere ich. Es ist übrigens auch der Moment, in dem ich mich frage, ob ich zu diesen hochsensiblen Menschen gehöre von denen jetzt alle sprechen. Zu den Menschen, die immer zu viel fühlen. Sich prinzipiell und oftmals unberechtigt zu viele Gedanken machen. Über hunderte Themen in nur wenigen Stunden. Über andere Menschen, Erlebtes und Einsamkeit. Über mich, mein Leben, meinen Weg und wohin er mich noch führen wird.

Ich bin sowas von erschöpft – von meinen eigenen lauten Gedankenkreisen. Und vor allem von dem Druck, dass es Menschen gibt, denen es gerade eindeutig schlechter geht als mir. Die wirklich viel größere Probleme haben. „Es gibt Schlimmeres, heul nicht so rum.“ – denke ich mir und frage mich, warum der Versuch, mir in solchen Momenten ein besseres Gefühl zu geben so kläglich gescheitert ist.



Ein neuer Lebensabschnitt bedeutet vor allem eins: Abschied nehmen

In den letzten Wochen, nein eigentlich Monaten habe ich irgendwie ganz schön viele Neuanfänge gehabt. Veränderungen durchgemacht. Weil ich mich irgendwo verloren hatte. Ich gemerkt habe, dass etwas in mir passiert. Ich mich aufopfere. An Dingen, Situationen und Menschen festhalte, in denen das Ende nur so vorhersehbar war. Etwas, das ich nicht wahrhaben wollte. Und gleichzeitig wollte ich vor allem eines: Ich wollte wieder zu mir selbst finden. Aber das ist gar nicht so einfach, wie ich immer dachte.

Das Ding mit diesen Veränderungen ist, dass sie gut sind, aber nicht immer nur etwas Schönes mit sich bringen. Sie bedeuten Loslassen. Abschied nehmen. Durch die Scheiße gehen.
Und durch diese Scheiße gehe ich gerade. Nein, eigentlich bin ich bereits durch die Scheiße gegangen!

Denn ich habe so einiges gelernt. Zum Beispiel, dass Festhalten viel schmerzvoller sein kann, als loszulassen. Und vor allem eines: Mein Körper sendet mir ziemlich eindeutige Signale, wenn es nicht so läuft, wie es laufen sollte. Also eben wenn ich anfange, mich zu verlieren. Mir selbst einfach nicht mehr treu bleibe oder mich zu stark abhängig mache.

Ja, ich habe mehr als deutliche Warnsignale bekommen und an dieser Stelle verspüre ich für einen kurzen Moment pure Dankbarkeit. Danke Körper, dass du nämlich so gut auf mich aufpasst!



Festhalten oder Loslassen?

Festhalten und Loslassen – kann man eigentlich ganz gut mit einem Pflaster vergleichen, welches man irgendwann abreißen sollte. Es gibt genau genommen drei Möglichkeiten:
Du kannst es ganz langsam machen – weil du Angst vor diesem Schmerz hast.
Du kannst es schnell machen, was zwar auch wehtut, aber wo der Schmerz von kürzerer Dauer ist.
Oder du lässt dieses Pflaster eben dran. Die Wunde bleibt bedeckt und es wird kaum Luft dran kommen. Eine Heilung ist damit also ziemlich ausgeschlossen!

Wenn wir also an etwas festhalten, das absolut nicht im Einklang mit uns selbst steht, belügen wir uns doch irgendwie selbst, nicht wahr? Wir fangen an, in unserer eigenen kreierten Illusion zu leben, die uns sehr wahrscheinlich auf Dauer mehr schaden, als weiterbringen wird.

Irgendwo zwischen diesem Festhalten und Loslassen, da liegt die Selbstliebe. Für was du dich entscheidest, hängt am Ende des Tages von dir selbst ab.

Davon, wie sehr du mit dir als Person im Reinen, sowie im Klaren über dein eigenes Ich bist. Um loslassen zu können, wenn es nötig ist, muss man sich selbst ganz schön gut kennenlernen. Verstehen, wer man ist. Wo man hin möchte. Was am besten zu einem passt. Und vor allem, um zu wissen, was eben nicht passt. Damit man nicht festhält – an etwas, das dir deine gesamte Energie raubt. Das dich immer weiter von dir selbst entfernt und zu einer Person macht, die du im Spiegel nicht mehr wieder erkennst.

Wir alle spüren, wenn es an der Zeit für eine Veränderung ist. Da bin ich mir sicher. Und sie zeigt sich ziemlich radikal, wenn du nicht genau hinhorchst und die kleinen Signale wahrnimmst. Dann passiert es nämlich – dass es dich komplett umhaut. Wie ein Wirbelwind, der auf dich zukommt. Welcher gefühlt alles zerstören mag. Einfach nur, damit du endlich genau hinschaust und wieder aufräumst. Wegräumst und wieder Platz schaffst.

Lass mich an dieser Stelle eines gesagt sein: Wirbelwinde können dich wirklich ganz schön heftig umhauen.


Schicksal.

Es ist Samstagabend. Ja, ich sitze hier zwar wie ein Häufchen Elend und meine Augen sind von dunklen Ringen überschattet. Und ja, ich habe ganz schön viel Energie verloren. Aber weißt du was? Ich kann mich endlich wieder selbst spüren. Ein Gefühl, welches ich in den vielen letzten Monaten eben nicht mehr hatte.

Ich fühle mich irgendwie erleichtert. Frei. Frei von diesem ganzen Drama. Diesem ewigen Kampf. Von diesem elendigen Hin und Her. Von diesem „das ist viel zu gut, um es einfach so aufzugeben und doch zu schlecht, um weiterzumachen“.

Ich nehme mein Glas Wein und stoße mit mir selbst an. Darauf, mich von Menschen und Situationen getrennt zu haben, die mir meine Lebensfreunde nahmen. Zu wenig Leichtigkeit bedeuteten. Zu wenig Gemeinsamkeit, zu viel Einsamkeit. Zu wenig Geben, zu viel Nehmen.

Das ist auch der Moment, in dem ich mich wieder erinnere: Dass alles aus einem bestimmten Grund passiert. Menschen kommen, Menschen gehen. Wir bewusst voneinander getrennt werden. Weil es da irgendetwas gibt, das unser Herz beschützen möchte. Weil wir manchmal vielleicht so viel Liebe für eine Person empfinden, dass wir gar nicht sofort merken, wie sehr wir zurückstecken müssen. Ein liebendes Herz, das wird nämlich nie wirklich müde sein. Über Dinge hinwegsehen. Immer wieder vergeben. Fehler akzeptieren. Während es da eben irgendwo irgendetwas gibt, dass das große Ganze sieht. Sieht, ob dein Glück in guten Händen ist.

Ich bin ehrlich, ich werde mein Herz nie wirklich verstehen. Aber irgendjemand tut es anscheinend. Jemand, der fühlt, was gut ist und was nicht. In der Hoffnung, dass wir irgendwann verstehen werden, warum manche Dinge so kommen müssen, wie sie eben kommen…

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