„Ein Bauer ist mit seinem Esel unterwegs. Auf dem Weg kommen die beiden an einen alten, verlassenen Brunnen vorbei. Der Esel schaut tief hinein. Zu tief. Er kommt aus dem Gleichgewicht und fällt hinein.
Der Esel schreit und schreit, so dass es einem das Herz nur so zerreißen könnte, aber dem Bauern und seinen Nachbarn gelingt es einfach nicht, das Tier aus dem tiefen Schacht herauszuziehen. Der Bauer überlegt, was er jetzt tun soll. Ihm fällt nichts ein. Aber "was solls", denkt er sich, das Tier ist ja schon ein bisschen älter und kaum noch zu gebrauchen. Und da der Brunnen ohnehin mal zugeschüttet werden sollte, kommt er zu dem Entschluss, dies gleich zu erledigen, damit auch das Geschrei des Esels aufhört.
Das gesamte Dorf versammelt sich um den Brunnen. Die Meute legt los und kippt Dreck hinein. Schaufel für Schaufel. Der Esel merkt, was man ihm antun will. Er schreit noch lauter. Nach einer Weile aber beruhigt sich der Esel plötzlich und es wird still im Brunnenschacht. Ein kalter Schauer läuft den Männern über den Rücken, denn solch eine Totenstille sind sie nicht gewöhnt. Die Männer schaufeln still weiter, sie müssen ihre Arbeit schließlich zu Ende bringen. Schließlich wagt es der Bauer aber doch, in das zukünftige Grab des armen Esels hinabzusehen. Er staunt nicht schlecht, denn der Esel hat etwas Erstaunliches getan:
Jede Schaufel voll Dreck, die auf seinem Fell landet, schüttelt er ab, trampelt es fest und kommt auf diese Weise langsam immer höher. So hoch, bis er schließlich über den Rand springen kann. Und genau das machte er auch. Er läuft weg. In die Freiheit.“
Was du aus der Geschichte „Der Esel im Brunnen“ lernen kannst?
Das Leben bietet dir nicht immer nur die Sonnenseiten. Und nicht jeder, der dir begegnet, will dein Bestes. Genau wie der Esel kannst du aber den ganzen Dreck für dich nutzen. Und zwar genau den Dreck, mit dem du im Leben so konfrontiert wirst. Mit dem schlechten Umgang sowie dem schlechtem Verhalten, das manche so über dich auskippen. Mit all den unschönen Worten, mit denen du beworfen wirst.Jede Enttäuschung, jede Lüge, jede Lektion und jeder Missgriff deines Lebens kann von großem Nutzen sein, wenn man es schafft, diese als Trittstufe zu benutzen. Den ganzen Müll an unguten Erfahrungen eben nicht auf sich sitzen zu lassen, sondern abzuschütteln und nach vorne zu sehen. Nach vorne zu gehen! Sich nicht klein kriegen zu lassen. Auf gar keinen Fall einfach aufzugeben. Lass es nicht zu, dass die unguten Erfahrungen dich erdrücken lassen.
Egal wie tief du auch gefallen bist und wie schwierig eine Lebenssituation ist, oben am Himmel strahlen zu jeder Zeit die Sterne, die du, wie tief auch immer du im eigenen Brunnen sitzt, sehen kannst. |
Am Ende eines Kapitels gelangt jeder von uns aus dem dunkelsten Loch.
Keiner von uns wird im Leben verschont. Nicht du und auch nicht ich. Wir werden immer mal wieder von unserem Weg abkommen. Wir werden Menschen begegnen, die uns verletzen, enttäuschen und schlecht behandeln. Mal von oben herab, mal von hinten heran, mal kommt alles ganz plötzlich und ganz viel auf einmal zusammen. Weil so das Leben nun mal spielt. Das ist okay. Wenn man weiß, wie man mit Problemen und Ballast umgeht:
Nämlich mit abschütteln, festtreten und dann höher stehen.
Vergeben, Loslassen und dann weggehen. Einfach weitergehen.